Festrede zum 50. Gründungsjubiläum des SPD-Ortsverein Diedesheim von Gerd Teßmer

Veröffentlicht am 16.02.2017 in Ortsverein

Festredner Gerd Teßmer

Rede von  Gerd Teßmer zum 50. Gründungsjubiläum des SPD-Ortsverein Diedesheim – „Krone“  Diedesheim, 28. Januar 2017

 

„Wir haben heute einen besonderen Grund miteinander zu feiern und uns zu erinnern. In eben in diesem Saal wurde vor 50 Jahren der Ortsverein Diedesheim der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands gegründet. Es gab damals schon SPD-Mitglieder im Elzmündungsraum, aber eben nicht in diesem damals noch selbständigen Brückenkopf am nördlichen Neckarufer, in Diedesheim.

Heutzutage ist es etwas in Vergessenheit geraten, dass es jahrzehntelang nicht gerade von Vorteil war, bekennender Sozialdemokrat zu sein. Einzelne rote Tupfer auf der Landkarte zwischen Eberbach und Neckarzimmern, Aglasterhausen, Rosenberg und Hardheim gab es schon; aber das waren die Ausnahmen im sonst durchweg schwarzen Odenwald und Bauland. Da half es wenig, dass der erste Reichspräsident einer deutschen Republik Sozialdemokrat war. Das Herkunftsland seiner Familie hat es Friedrich Ebert nicht gedankt. Bei dieser Gelegenheit erinnere mich ungern daran, dass vor 15 Jahren ein Kreistagsbeschluss, die Gewerbeschule Mosbach in „Friedrich-Ebert-Gewerbeschule“ einfach nicht umgesetzt wurde Der SPD zuliebe schon gar nicht !

Doch zurück zu den Wurzeln der Sozialdemokratie in diesem Raum. Vor über 125 Jahren war es noch ein Straftatbestand, als sich Steinhauer in Mörtelstein wagten, in einiger Höhe im dortigen Steinbruch die Inschrift „Hoch lebe die Sozialdemokratie“ einzumeißeln. Die Polizei aus Mosbach rückte an und nahm die „Rädelsführer“ fest. Ähnlich gut wie in Mörtelstein organisiert war in Walldürn die gleiche Zunft, die Steinhauer. Sie schlossen sich zusammen und setzten gewisse Arbeitserleichterungen durch. Als nach Aufhebung der Sozialistengesetze „Sozialdemokrat zu sein“, zwar nicht als fein galt, aber nicht mehr mit Strafe bedroht war, und als gewerkschaftliche Ideen in den im Elzmündungsraum entstehenden Fabriken geduldet werden mussten, begann der zaghafte Aufschwung der SPD in den Kreisen Mosbach und Buchen. Hätten wir den  damaligen Sozis gesagt, dass wir im Jahr 2016 bei Wahlen etwas über 15% der Wählerstimmen liegen, sie wären glücklich gewesen. Aber da haben sich die Zeiten ja verbessert ? Oder ?

In bestimmten Bereichen, wie bei den Steinhauern und den Arbeitern in den Fabriken wie Gmeinder und der Majolika waren sozialdemokratische Ideen zumindest bekannt. Einen kleinen Aufschwung bedeutete auch der Bau der großherzoglichen Odenwald-Bahn in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts nach Osterburken, denn die Bähnler waren meist Zugezogene aus den Städten Mannheim und Karlsruhe. Eine ähnliche Entwicklung gab es auch beim Ausbau der Postdienste. Gerade die beim Staat Beschäftigten waren es gewohnt, sich zusammenzuschließen zu Gesang- und Sportvereinen, wie zum Beispiel der als Arbeitersportverein gegründete VfK Diedesheim,  und sie mussten nur selten berufliche Benachteiligungen befürchten. 

 Diese für die SPD positiven Anfänge mit Gründungen von eigenen Ortsvereinen in Walldürn, Neckarelz und Mosbach hielten aber nur bis 1933. Verfolgung und innere Emigration verhinderten bis lange nach dem 2. Weltkrieg das öffentliche  Bekenntnis, Sozialdemokrat zu sein.  Es waren wiederum die gewerkschaftlich organisierten Fabrikarbeiter und die Staatsdiener des einfachen, mittleren und gehobenen Dienstes hier im Elzmündungsraum, die den Weg zu den demokratischen und sozialen Idealen der Sozialdemokratie fanden. Und dies obwohl nach dem 2. Weltkrieg gerade im Raum um Mosbach die katholische Kirche, vertreten durch den Dekan und Landtagsabgeordneten fast allmächtig war und SPD-Ideen zu verhindern wussten. Recht hilfreich für die Ortsvereinsgründung war natürlich hier in Diedesheim, dass Fabriken entstanden, die auf menschliche Arbeitskraft angewiesen waren. Ich denke da an Firmen wie die MfD, an Voss, an Hengstenberg und die  wieder entstandenen Gießereien. 

Aber auch neue unerwartete Impulse gab es für die SPD, als hier im Raum ein fortschrittliches Ganztages-Gymnasium in Osterburken dafür sorgte, dass breite Schichten, die für akademische Berufe ausgeschlossen waren, nun endlich gesellschaftlich aufsteigen konnten. Schüler aus dem ganzen Kreis Mosbach nahmen die Fahrzeit hin, um nach Osterburken ins Gymnasium gehen zu können. Die Lehrer dort waren zwar nur teilweise Parteimitglieder, aber der Geist der Schule war liberal und fortschrittlich.

Ein weiterer Schub für die SPD bedeutete die friedliche Nutzung der Atomenergie in Obrigheim. Um die 1000 hochqualifizierte Arbeiter und ihre Familien aus dem Ruhrgebiet mussten sich innerhalb kürzester Zeit nach neuen Arbeitsplätzen umsehen, da ihre Bergwerke einfach geschlossen wurde. Mit diesen Neubürgern kam auch eine Arbeitnehmerschaft zu uns, für die gewerkschaftliches Engagement und das Bekenntnis zur SPD fast selbstverständlich war.  Die Einwohnerzahl rund um Obrigheim nahm zu, und auch die Mitgliederzahl der SPD ! Als es nach Tschernobyl zu einem Umdenken in der Energiegewinnung aus Atomkraft kam und die SPD mit Erhard Eppler zur treibenden Kraft dieser Energiewende wurde, verließen die über hundert SPD-Mitglieder vom KWO die Partei und wurden  zu erbitterten Gegnern, nach dem Motto „Wes Brot ich es, des Lied ich sing“.

Bis zur Gemeindereform 1973 gab es in den beiden Landkreisen Buchen und Mosbach einige wenige Orte mit SPD-Bürgermeistern. Außer Walldürn und Hettingen im damaligen  Kreis Buchen bestanden im Kreis Mosbach schon mehr „rote Rathäuser“, nämlich in Hüffenhardt, Neunkirchen, Fahrenbach, Neckarzimmern, Dielbach, Obrigheim, Michelbach und eben Diedesheim. Mit Werner Stender wurde Diedesheim bis zur Einverleibung in die Große Kreisstadt Mosbach „rot“ regiert. Vor allem Bundesbähnler, Metaller und AOK’ler stärkten die SPD in Diedesheim. Ich denke da an den ersten Vorsitzenden Karl Maier, an Rudi Braun, den langjährigen Ortsvereinsvorsitzender und Vizevorsitzenden im Kreisverband, Hans Bühler, der asls Nachfolger des langjährigen DGB-Vorsitzenden mit schwarzem Parteibuch endlich dafür sorgen konnte, dass hier bei uns Gewerkschaft und SPD in ihren Zielen weitgehend übereinstimmten. Bei der Gemeindereform wurde die Große Kreisstadt Mosbach gegründet, aber die Ortsvereine in den Stadtteilen lebten weiter bis zur „Wiedervereinigung“ im letzten Jahr.

Im kommunalen Geschehen standen überall bekennende Sozialdemokraten in der Verantwortung: bei der Feuerwehr Harald Metzger als Kommandant, beim VfK Diedesheim Peter Loser als Vorsitzender und im DGB Hans Bühler.

Wenn man von der Ortsvereinsgründung vor über 50 Jahren bis zum heutigen Tag die Zeit Revue passieren lässt, dann wird man feststellen: Wir Sozialdemokraten sind durchaus „hofffähig“ geworden, wir stellen Bundestagsabgeordnete, Landtagsabgeordnete, Kreis-, Gemeinde- und Ortschaftsräte, sind engagiert in Vereinen und Organisationen ! Kurz, ohne uns wäre  der Kreis ärmer. Denn in den letzten 50 Jahren mit dem Ortsverein der SPD in Diedesheim haben alle Gesellschaftsschichten und das gesamte kulturelle und soziale Leben bereichert und auch mitgeprägt. 

Ich wünsche uns allen für die kommenden Jahre  ein Leben in Sicherheit, Zufriedenheit, Gesundheit, Freiheit und sozialem Frieden.“   

 

Kalenderblock-Block-Heute

Alle Termine öffnen.

18.04.2024, 19:00 Uhr - 21:00 Uhr Die distanzierte Mitte - Rechtsextreme und demokratiegefährdende Einstellungen in Deutschland
Veranstaltungsdetail (fes.de)

20.04.2024, 15:00 Uhr - 20:30 Uhr Klare Kante gegen rechte HETZE
https://www.klare-kante-gegen-rechte-hetze.de/ Die SPD Neckar-Odenwald-Kreis unterstützt die Initiativ …

01.05.2024, 11:00 Uhr - 12:00 Uhr 1. Mai Kundgebung OV Waldbrunn
Kundgebung zum Tag der Arbeit vom OV Waldbrunn

Alle Termine